Literaturkurs 2023

In der satirischen Komödie „Eingeschlossene Gesellschaft“ von Jan Weiler hielt der Literaturkurs des BVA dem Schulsystem und insbesondere den Lehrkräften einen Spiegel vor.

Nach 14 (!) langen Schuljahren hadert die Schülerin Fabienne Prohaska (Paria Ghaffari-Hosseini) mit dem Schulsystem. Ihr fehlt sage und schreibe 1 Punkt zur Abiturzulassung.

Szenenwechsel in ein Lehrerzimmer, das nicht nur optisch allen gängigen Klischees entspricht. Schnell werden die Lager innerhalb der Lehrerschaft klar: Drei junge entspannte Typen mit teilweise sehr laxer Dienstauffassung, zwei Lehrkräfte alter Schule, ein Außenseiter. In diese Lage platzen Fabiennes Eltern (Julia Köhler und Lukas Kitza). Sie wollen nicht akzeptieren, dass die Zukunft ihrer Tochter an einem einzigen Notenpunkt hängen soll und verlangen, dass die versammelte Lehrerschaft Fabiennes Fall noch einmal wohlwollend prüft. Das soll nicht etwa in der Notenkonferenz nächste Woche geschehen, sondern jetzt sofort, am Freitagnachmittag um 15:30 Uhr. Zur Bekräftigung ihres Anliegens haben die Eltern eine Pistole mitgebracht. Den in Geiselhaft genommen Lehrern geben sie eine Stunde Zeit zur Beratung. Von der Polizei können sie keine Hilfe erwarten: Patrick Reicheltals Polizist hat stets die Lacher auf seiner Seite, wenn er die telefonischen Hilferufe der eingeschlossenen Lehrer lange Zeit aus gutem Grund nicht ernstnimmt.

In dieser Ausnahmesituation zeigen sich die wahren Charaktere der versammelten Lehrerinnen und Lehrer. Was man erfährt, ist erschütternd: Affären, Übervorteilen von Kollegen, Betrug, Unterschlagung und Ohrfeigen für Schülerinnen kommen ans Tageslicht. Zwangsläufig stellt sich die Frage, woher diese Menschen das Recht nehmen, ihre Schülerinnen und Schüler zu beurteilen oder ihnen gar den Weg zum Abitur zu verbauen.

Unter der bewährten Leitung von Annika Kirch glänzten Timo Große als unerbittlicher Lateinlehrer und Lilli Siggeals verbitterte und ihre Bildung vor sich hertragende Französischlehrerin („Ich hasse die Jugend nicht, ich kann sie nur nicht ausstehen“). Fabian Meding gab lebensecht den verschrobenen Chemielehrer. Die Fortschrittsfraktion wird überzeugend vertreten von Tom Mallmann als schülernahem Menschenfreund und Julian Höhn als Sportlehrer („Mir schreiben die Schüler heute noch Postkarten!“) sowie von Maylin Krajuscheck als Referendarin.

Am Ende erhält Fabienne den fehlenden Punkt, hat sich inzwischen jedoch für einen Weg jenseits des Abiturs entschieden. Das Publikum applaudierte begeistert nach diesem kurzweiligen und zugleich nachdenklich stimmenden Abend.

Text: SLo, Fotos: Bz