Das BVA zu Gast bei Freunden
Unser vierter Austausch mit der Ben-Zvi-Highschool ist in vollem Gange: Seit Montag sind 16 Schüler*innen unserer Q1 zusammen mit Frau Zettner und Frau Hecke bei ihren Austauschpartnern in Israel. Von der gesamten Schulgemeinschaft – vom Pförtner bis zur Schulleiterin – herzlich in Empfang genommen, entstand schnell eine vertrauensvolle und entspannte Atmosphäre, in der gelacht und sich geneckt wurde.
Gemeinsam wurde bereits am ersten Abend die heute zu Tel Aviv gehörende alte arabische Hafenstadt Jaffa erkundet, bevor uns am nächsten Tag in Tel Aviv die israelischen Schüler*innen mit interessanten Geschichten entlang des 2018 eröffneten „Independence Trail“ in die Geschichte der Staatsgründung Israels einführten.
13.11.2018 – Den Kopf voller Fragen – Entspannung in Tel Aviv, Bomben in Gaza
So entspannt dieser Tag in Tel Aviv von uns mit Kaffee am Strand, gemütlichem Beisammensein in einem Straßencafé mit Blick auf das wuselige Treiben der modernen Großstadt erlebt wurde, so exemplarisch steht er dennoch für viele Fragen hinter unserem Austausch. Unruhen am Gazastreifen veranlassten die deutschen Nachrichten, am frühen Nachmittag zu erklären, die schlimmsten Kämpfe am Gazastreifen seit 2014 hätten begonnen – besorgte Anfragen unserer Kollegen, Freunde und Familien führten uns die Diskrepanz unseres eigenen Erlebens und der deutschen Berichterstattung erneut vor Augen. In der Tagesschau sah ich Bilder zerbombter Häuser und einen besorgt dreinblickenden Korrespondenten, der eine Eskalation des Konflikts voraussagte – selbst lag ich zu der Zeit bei meinem israelischen Kollegen auf dem Sofa und ließ die letzten beiden wunderbaren Tage voller schöner Begegnungen und Eindrücke Revue passieren. Zusammenpassen will das Bild für mich noch nicht. War hier vor Ort von einem ausgehandelten Waffenstillstand die Rede, meldeten sie in den deutschen Medien noch die Einberufung der Reservisten und kündigten den nächsten Krieg an.
- und 15.11.2018 Wir vergessen nicht – wir gehen tanzen… – See Genezareth, Yad Vashem und Jerusalem
Wir hingegen fühlten uns zu keiner Zeit bedroht – unsere Israelis wussten die Situation routiniert einzuschätzen – und waren eher besorgt ob des kommenden Regens, der unser Programm für die nächsten Tage durcheinanderwirbelte. Da der seltene Regen in Israel aufgrund der Topographie des Landes zu gefährlichen Unterspülungen und Flutwellen z.B. in der Wüste führen kann, wurde kurzerhand entschieden, unseren Ausflug an den See Genezareth mit dem Schwerpunkt auf biblischen Erzählungen vorzuziehen, sodass wir Donnerstag nach Yad Vashem, der Gedenkstätte der Opfer von Yad Vashem fuhren. In drei Stunden intensiver Führung durch das Museum wurde für viele Schüler*innen Wissen aus Geschichtsbüchern lebendig. Die Architektur des Gebäudes, die den Besucher nicht entrinnen lässt und ihn zwingt, dem Grauen ins Gesicht zu sehen, als auch die fachkundige, sehr engagierte Führung durch eine Amerikanerin vermochte israelische wie deutsche Schüler*innen und Lehrer*innen zu beeindrucken und hinterließ sichtliche Spuren. Auch unsere Tour durch die Jerusalemer Altstadt, vom Jaffa-Tor zur Grabeskirche, durchs muslimische zum jüdischen Viertel und der Klagemauer ließ die Eindrücke auf unsere Schüler*innen nur so einprasseln. Die trubelige Atmosphäre und das Gedränge in der Grabeskirche, die Gassen, in denen sich auf engstem Raum Juden, Muslime und Christen begegnen, verfehlten ihre Wirkung nicht und ließen den Tag in Jerusalem als vollständigen Kontrast zum ersten Tag in Tel Aviv werden.
Mit einem Kopf voller Impressionen und dem dringenden Bedürfnis, diese sortieren zu müssen, machten wir im Bus auf nach Arad in der Wüste Negev, wo wir in einem Hostel übernachteten – voller Vorfreude auf das, was da in den folgenden Tagen kommen mag.
So vereinte dieser Tag in Jerusalem beide Standbeine unseres Austausches: Wir wollen uns der Geschichte unserer beider Länder erinnern – aber wir wollen in diesem Wissen die Gegenwart gemeinsam gestalten.
16.11.2018 „Hiking in the desert“ – Masada und das Tote Meer
Der heutige Tag war gespickt mit staunenden Augen und glücklichen Gesichtern: Wüste, soweit das Auge reicht. Wir sahen Beduinendörfer am Straßenrand und kamen in den Nationalpark Masada, der seit 2001 zum Weltkulturerbe zählt und einen zentralen Ort jüdischer Geschichte darstellt. Bei sonnigen Temperaturen erklommen wir im Schweiße unseres Angesichts die Festung, auf der uns unsere israelischen Gastgeber in einem kleinen Schauspiel die dramatischen Ereignisse um die Belagerung und den frei gewählten Tod von 960 Juden im Jahr 73/74 n. Chr. schauspielerisch näher brachten. Sie erläuterten uns, warum die Entscheidung, angesichts drohender Feindübernahme und des dadurch sicheren Todes das eigene Leben selbst zu beenden, bis heute ein Symbol für den heldenhaften Widerstand und Freiheitswillen des jüdischen Volkes ist.
War schon der Aufstieg als auch die Aussicht vom Plateau beeindruckend, wurde die Wanderung von Masada herab durch die Wüste zu einem Naturschauspiel sondergleichen. Bei an die 30 Grad und sichtbarer Anstrengung der 45 Minuten Wanderung wurde kein Murren unter den Schüler*innen laut – im Gegenteil bedauerten trotz der freudigen Erwartung eines Bades im Toten Meer einige, dass wir nicht länger bleiben konnten, um all die Eindrücke der gewaltigen Felswände sowie der unglaublichen Weite der vor uns liegenden Wüste in uns aufzusaugen.
So aber wurde die Anstrengung mit einem Wellnessbad im Toten Meer belohnt – die Schlammmaske glättete die Falten der in der Jugendherberge verbrachten Nacht, wie ein Kinderpopo entstiegen die Frischlinge dem Wasser und blickten mit Vorfreude auf den kommenden „family day“.
Begeistert vom von unseren Israelis vorgelegten Programm wachsen nun die Fragezeichen bei den Schüler*innen unseres Projektkurses: Was können wir ihnen zeigen? Was hat Dormagen, was seine Umgebung Vergleichbares zu bieten?
Die Planungen beginnen schon jetzt…
Stefanie Hecke